Als das Wort „Telearbeit“ aufkam, dachten so manche, es handele sich um ein Berufsprofil zu dem man irgendwo ausgebildet werden kann. Doch weit gefehlt: „Alternierende Telearbeit“ und „Mobiles Arbeiten“ sind nur neue Modelle der Organisation von Arbeit. Auf den Umgang mit dieser neuen Organisation aber sollte man sich vorbereiten und in gewisser Weise trainieren.
Nicht selten entsteht bei der Person das Bild, dass die Anbahnung der Arbeitsmöglichkeit im HomeOffice ausschließlich eine Angelegenheit zwischen der Telearbeiterin / dem Telearbeiter und der/dem jeweiligen Vorgesetzten sei. Die Annahme ist verbreitet, dass mit dem Willen zum HomeOffice und dem Ja-Wort der Abteilungsleitung der Erfolg schon gesichert wäre. Doch so einfach ist es nicht. Es gibt klassische Fallstricke, die bei schlechter Vorbereitung immer wieder und überall auftreten.
Fallstrick eins: Die „Alternierende Telearbeit“ bzw. die „Mobile Arbeit“ wird als vor allem technische Herausforderung betrachtet. Stimmt die Leitung, stimmt der Zugang, funktioniert der Rechner – dann ist alles klar. Nein, das ist es gerade nicht. Im HomeOffice geht es natürlich zwar nicht ohne Technik. Die größeren Herausforderungen aber stellen die Unterbewertungen der sogenannten „weichen Faktoren“ dar: Bin ich in der Lage mit meiner Arbeitszeit zuhause selbstorganisierend und ergebnisorientiert umzugehen? Kann ich mich ohne „Stechuhr“ selbst einigermaßen disziplinieren? Kenne ich mich mit Fragen der Arbeitsorganisation ausreichend genug aus? Bin ich kommunikationsfähig, wenn ich nicht weiter weiß? Wen bitte ich um Hilfe, wenn etwas nicht klappt?
Fallstrick zwei: Es gibt das große Missverständnis, man könne das „Arbeiten zuhause“ problemlos mit der Kinderbetreuung verknüpfen, nur weil man vor Ort ist. Es gibt kein gutes, konzentriertes und erfülltes Arbeiten, wenn man immer ein Ohr Richtung Kinderzimmer oder Richtung Türklingel hat. HomeOffice bedeutet, die Kinderbetreuung muss vorbereitet, organisiert und verlässlich umgesetzt werden. Ein Kind sollte nicht Teil des Telearbeitsplatzes sein. Dies gilt für männliche wie für weibliche Telearbeitende gleichermaßen.
Fallstrick drei: Es kommt immer wieder vor, dass eine Person, die zum Beispiel in einem Gemeinschaftsbüro mit fünf oder sechs KollegInnen zusammenarbeitet, den Wunsch nach einer HomeOffice-Lösung äußert. Sie vereinbart mit der Abteilungsleitung die genaueren Konditionen und verabschiedet sich hocherfreut nach Hause. Warum löst ein solcher Vorgang mit ziemlicher Sicherheit Probleme aus? Die Person mit dem HomeOffice-Wunsch hat – in diesem Beispiel – versäumt, sich mit ihrem Team zu besprechen. Erfahrungsgemäß bedeutet die Nicht-Absprache, dass sich ein Teil der Arbeit umverteilt. Das verbleibende Team wird einen Teil der eingehenden Anrufe und Anforderungen, die nicht online weitergegeben werden könne, übernehmen zu müssen. Diese nicht abgesprochene Mehrarbeit führt zumeist zu Ärger und Konflikten. Nicht die Organisation der Telearbeit sondern die Nicht-Abstimmung mit dem Team produziert Emotionen und Ablehnung. Es bedarf also nicht nur einer bilateralen Abstimmung sondern auch einer Absprache mit dem Team.
Fallstrick vier: Der häufigste Grund für das Scheitern von eingeführter „Alternierender Telearbeit“ oder „Mobiler Arbeit“ resultiert nicht aus den Vorgängen im HomeOffice sondern aus unzureichenden Führungsfähigkeiten der Vorgesetzten. Wenn die/der Vorgesetzte weder virtuelles Führen noch ergebnisorientiertes Aufgabenmanagement beherrscht, prallt der Wunsch nach flexibler Zeitsouveränität der telearbeitenden Person mit der Kontrollsucht der mittleren Führungskraft zusammen.
Fallstrick fünf: Für Menschen, die persönliches Zeitmanagement nicht gelernt haben und die sich keine strukturierenden Modelle der Arbeitsselbstorganisation angeeignet haben, bietet das HomeOffice gewisse Gefahren. Sie lassen zunächst ungeübt viel Zeit verstreichen mit der Parole „Das schaffe ich schon noch“, bis der „Abgabetermin“ naht und psychische Unruhe bis Panik ausbricht. Stress entsteht, man arbeitet die Nächte durch, um den Termin einzuhalten, Verärgerung und Krach in der Familie stellt sich ein. Wenn ein solches Phänomen wiederholt und geradezu dauerhaft auftritt, kann der psychische Stress soweit gehen, dass das HomeOffice zur Vorstufe eines Burn-outs wird. Solche Beschäftigte sollten zunächst die Finger von dieser Art Arbeitsorganisation lassen, bis sie sich im Hinblick auf Zeitmanagement besser qualifiziert haben.
Fallstrick sechs: Um die guten Seiten des HomeOffice genießen zu können, muss der Mensch sich die Fahigkeiten aneignen, sich und seine Arbeitsabläufe selbst zu organisieren und sich Modelle der Zeitsouveränität bereit zu halten. Ein gutes und sehr empfehlenswertes Mittel dafür ist der Selbstaufschrieb der eigenen täglichen Arbeitsstundenzahl zuhause. Der ehrliche Selbstaufschrieb zeigt sehr schnell, wann man anfängt, zu viele Stunden vor dem Bildschirm zu verbringen. Zugleich bietet der Eigenaufschrieb die Möglichkeit, sich mit Kolleginnen und Kollegen sowie mit dem Betriebsrat bzw. Personalrat darüber konkret auszutauschen. Das Team kann helfen, aufeinander aufzupassen, Achtsamkeit zu pflegen und präventiv gegen Burn-out vorzugehen. Wer seinen eigenen Zeithaushalt nicht im Griff hat, gefährdet sich.