Seit vielen Jahren befasst sich eine umfangreiche Fachdebatte mit dem Übergang der jungen Menschen von der Schule in einen Beruf bzw. in eine Berufsausbildung. Schulen, Berufsschulen, Jugendsozialarbeit, Produktionsschulen, Jugendhäuser, betriebliche Ausbilder, überbetriebliche Einrichtungen des Handwerks, Gewerkschaften, Kirchen, SozialpädagogInnen und viele andere bemühen sich, jenen jungen Menschen, die unterschiedliche Formen der Unterstützung benötigen, passgenaue Hilfe zukommen zu lassen.
Dabei liegen diese Hilfen oftmals nicht primär im Bereich des Erwerbs von beruflichen Fähigkeiten und Kenntnissen sondern eher auf dem Feld der sozialen Umgangsformen wie Pünktlichkeit, Verlässlichkeit, Selbstvertrauen, Kommunikationskompetenz, Arbeitsschutz, Fähigkeit zur eigenen autonomen Lebensplanung etc. Es sind zumeist die „weichen“ Faktoren, die über Erfolg oder Misserfolg im beruflichen Leben entscheiden.
Viele dieser Jugendlichen täuschen dabei ihre Umwelt, indem sie ihnen demonstrieren, dass sie in der Lage sind, besonders flink die Display-Oberfläche ihres Smartphones zu bedienen. Die „LOL‘s“ und „XoXo’s“ zeugen von vermeintlicher Onlinekompetenz. Viele ältere Betreuerinnen und Betreuer glauben sich in der Defensive, weil sie die Fingerfertigkeit der Jungen auf dem Display für „digitale Kompetenz“ halten. Doch hier gilt es, die vielen Frauen und Männer aus der Jugendsozialarbeit zu ermutigen, denn die Kompetenz im Umgang mit Virtualität lässt sich nicht an der Geschwindigkeit der Finger ablesen.
Es geht vielmehr um die Frage, ob ein junger Mensch in der Lage ist, Zusammenhänge, Prozesse und Prozessabläufe nachzuvollziehen und zu verstehen. Man könnte es bildhaft auch so ausdrücken: Nicht das, was man auf dem Bildschirm sieht, ist das Relevante, sondern jenes, was durch die Berührungen der Buttons „hinter dem Display“ ausgelöst wird. Hier liegt eine der großen Herausforderungen: Immer mehr junge Menschen verstehen die Arbeitszusammenhänge nicht. In wachsendem Maße sollte deshalb ein Schwerpunkt darauf gelegt werden, jungen Menschen den Umgang mit Abstraktion und Komplexität zu erschließen.
Wer seine Arbeitsinhalte, Arbeitsvorgänge und Arbeitsabläufe nicht ausreichend nachvollziehen kann, wer nicht wahrnimmt, dass sich die virtuellen Anteile der Arbeit immer mehr komplementär zur materiellen Arbeit verhalten, wird sich auf Dauer nicht mit seiner Arbeit identifizieren können. Fremdheit in der Arbeit, Entfremdung als Lebensgefühl führt nicht zur Stärkung des eigenen Selbstvertrauens. Im Gegenteil.
Dies dürfen die Akteure in der sich überschlagenden Debatte über die „Digitalisierung der beruflichen Ausbildung“ nicht vergessen. Die Suche nach geeigneten Wegen zur Stärkung der individuell im Team angeeigneten „Komplexitätskompetenz“ (Schröter) muss verstärkt werden.