Antworten auf diese Frage will die lesenswerte neue arbeitsweltbezogene Studie „Alles unter Kontrolle?“ von Michael Schwemmle und Peter Wedde geben. Ihr Untertitel „Arbeitspolitik und Arbeitsrecht in digitalen Zeiten“ öffnet den kritischen Blick auf Handlungsfelder der Bundespolitik und deren Defizite. Die Autoren setzen sich technikdiskurs-historisch, rechtlich und rechtspolitisch mit der regierungsamtlichen Begleitung der digitalen Transformation auseinander.
Nach der Analyse der parlamentsbezogenen öffentlichen Diskurse zur Modernisierung des Arbeitsrechtes und des Betriebsverfassungsgesetzes folgt ihre ernüchternde Schlussfolgerung: „Damit trifft die digitale Arbeit der Zukunft nach wie vor auf das an analogen Zuständen ausgerichtete Arbeitsrecht der Vergangenheit.“ Nur scheinbar zurückhaltend klingt einer ihrer Nachsätze: „Das Fehlen gesetzgeberischen Handelns hemmt das rasche Fortschreiten der Digitalisierung in keiner Weise, bewirkt aber für die digitale Arbeitswelt eine schleichende Aushöhlung des arbeitsrechtlichen Schutzrahmens, die zulasten der Beschäftigten geht, und eine zunehmende ,Entrechtlichung‘ der Arbeitsbedingungen.“
Auf über 50 DIN A4-Seiten zerlegen die Verfasser den aktuellen Zustand des Politikfeldes „Arbeit“. Die Studie zeigt dringende Reformbedarfe auf, um grundlegend die Mitbestimmung zu stärken. Es fehle an Gesetzesinitiativen für
- „wie auch immer konditionierte Ansprüche auf selbstbestimmte mobile bzw. Telearbeit, die Erwerbstätigen eine erweiterte Orts- und Zeitsouveränität ermöglichten;
- ein Recht auf Nicht-Erreichbarkeit, das geeignet sein könnte, die Belastungen ausufernder arbeitsbezogener Verfügbarkeit zu begrenzen;
- eine Modernisierung arbeitsschutzrechtlicher Vorschriften für digital mobile Arbeit außerhalb von Betriebsstätten;
- eine integrale arbeits(markt)politische Agenda zur Sicherung von Beschäftigung im digitalen Umbruch;
- einen verbesserten Schutz von Plattformarbeiter_innen;
- eine Reform der Mitbestimmung, die geeignet wäre, der digital getriebenen Machtverschiebung zugunsten der Arbeitgeber_innen Schranken zu setzen;
- eine Absicherung der Persönlichkeitsrechte der Beschäftigten im Rahmen eines Beschäftigtendatenschutzgesetzes auf der Höhe der Zeit.“