„Der Kunde in uns läuft dem Arbeitsgestalter in uns ständig hinter her.“ Mit diesem charmant widersprüchlichen Satz beschrieb jüngst ein führender Gewerkschafter die innere Zerrissenheit des arbeitenden Menschen. Was sollen wir wollen angesichts technischer Versprechen, die sich hinter dem Begriff „Künstliche Intelligenz“ (KI) verbergen? Gelingt es den Gestaltungansätzen von Betriebs- und Personalräten sowie Gewerkschaften, die Souveränität des Menschen zu wahren?
Mit „lernenden Systemen“ gelinge es erstmalig, dass die Lernfähigkeit ökonomisch besitzbar wird. Lernfähigkeit gerät zum technikinduzierten Wirtschaftsfaktor. Aus der Lernfähigkeit des Menschen leite sich die Lernfähigkeit „autonomer Software-Systeme“ ab, so die These. Dabei sollte intervenierend ein ethisches Prinzip gewerkschaftlichen Denkens greifen. Die Autonomie des Menschen in der Arbeit soll Vorrang behalten vor der Autonomie technischer Systeme.
Kann dieses Ziel dadurch erreicht werden, dass von gewerkschaftlicher Seite die Idee eines „sozialen Pflichtenheftes für Künstlicher Intelligenz“ aktiviert wird? Lastenhefte und Pflichtenhefte sind im Umfeld analoger, genau beschreibbarer und vorhersehbarer technischer Abläufe entstanden. „Selbstlernende Software“ und „autonome Software-Systeme“ entziehen sich dieser Beschreibbarkeit aber dann, wenn sie selbst „lernend“ sind.
Einen hervorragenden Gedanken stellt ein nur scheinbar überraschender Vorschlag dar: Um die Möglichkeiten der „KI“ akzeptabel zu machen, sollte die Effizienzdividende der „KI“ in Gestalt von freier Zeit „ausbezahlt“ werden. Mit dem Einsatz von „KI“ sollen Beschäftigte tageweise Freizeit erhalten. So entstünde zwischen Mensch und „KI“ eine besondere Zeit-Freundschaft. Ein begrüßenswerter konkreter Tagtraum!