Der Weg in die „Arbeitswelt 4.0“ erbringt einige Überraschungen, Herausforderungen und neue Chancen. Die Potenziale liegen in den Möglichkeiten einer qualifizierten, dezentral ausgelegten, ganzheitlich angereicherten, beteiligungsorientierten und verantwortungsvollen Arbeit, bei der „kluge“ (smarte) Werkzeuge und virtuelle Systeme dem handelnden Menschen personalisiert zuarbeiten. Auf der anderen Seite wächst zunächst die Zahl der einfacheren, gering qualifizierten Tätigkeiten, bei den das digitale System den Takt vorgibt und der Mensch der Maschine zuarbeitet. Teile dieser standardisiert abbildbaren Arbeitsplätze laufen Gefahr, bei der weiteren Anpassung neuer Techniken inklusive der „weichen“ Robotik schrittweise durch netzgebundene Praktiken ersetzt zu werden.
Eines der „Drehkreuze“ dieses Umbauprozesses ist die verstärkte Integration „smarter Werkzeuge“, die man vor zehn Jahren noch zurückhaltend als Assistenz- bzw. Delegationstechniken bezeichnete. Assistenzanwendungen liefern dem Menschen bei Bedarf verschiedene Lösungsansätze. Die Entscheidung über ihre Nutzung liegt Schritt für Schritt beim Menschen. Assistenz kann von Suchmaschinen kommen, von Datenbanken, von einfachen Softbots oder „Soft Robots“. Bei der Assistenz bleibt der handelnde Mensch während des gesamten Arbeitsganges Herr des Verfahrens.
Die Delegationstechnik auf der Basis kluger Softwareagenten erlaubt die Übertragung eines ganzheitlichen Arbeitsvorganges auf ein elektronisches Werkzeug, das rechtsverbindlich Transaktionen in Echtzeit durchführen kann. Der Mensch delegiert mit der Beauftragung die Verfahrenshoheit auf das System und wird erst wieder mit dem erledigten Ergebnis konfrontiert.
Dieser Schritt schafft zur Kultur des mobilen Arbeitens mit Hilfe mobiler Endgeräte eine weitere Prozessumgebung, in der Arbeit mobil im virtuellen Raum realisiert wird, unabhängig von der Frage, ob der beauftragende Mensch mobil ist oder nicht.
Die Gestaltung dieser delegierten Arbeitsvorgänge und die Beantwortung der Frage, wieviel personenbezogene Daten ein Delegationsagent benötigt, muss vor Beauftragung, vor Nutzung dieser Technik geregelt werden. Sobald der Agent in Echtzeit unterwegs ist, ist eine Intervention kaum mehr möglich.
Das gewerkschaftliche Netzwerk „Forum Soziale Technikgestaltung“ will diesen Phänomenen nachgehen, um Gestaltungspotenziale herauszufinden. Fest steht schon jetzt, dass Verschlüsselungstechniken (kryptografische Verfahren) ein Baustein der Lösung sein werden. Wie könnten Delegationsprozesse in transparenter Experimentumgebung so simuliert werden, dass Betriebsräte, Vertrauensleute und Beschäftige ihre Gestaltungskompetenz stärken und interessengeleitet Technikentwicklung beeinflussen können?
Manfred Buerger says:
Es geht um die Delegation von Abläufen an Maschinen, Roboter, das System und um die Gestaltung solcher Delegationsvorgänge und der damit eingeleiteten Aktionen und Arbeitsprozesse. Dabei sind übermittelte „personenbezogene Daten“ und „Verschlüsselungstechniken“ zur Datenspeicherung nur eine sehr begrenzte Teil-Problematik. Entscheidender sind die Fragen, wie die Funktionsfähigkeit der Prozesse im Hinblick auf das Erreichen der Ziele zu gewährleisten ist und wie die Ziele zu bestimmen sind. Wo wird menschliche Gestaltung bereits in der Handhabung der komplexen Prozesse benötigt? Oder kann die Ablauf-Regelung und –Optimierung an die Maschinerie übertragen werden?
Fehler-Anfälligkeit der Prozesse, Unsicherheiten der programmierten komplexen Abläufe und Verhaltensweisen, des komplexen Systems insgesamt, sind zu berücksichtigen, damit die Notwendigkeit ständiger Kontrolle, Überprüfung sowie Korrektur und Optimierung angesichts von Erfahrungen mit diesen Prozessen. Die notwendigen Rückkopplungen zur Verbesserung bedürfen einer Kultur der Kooperation und Auseinandersetzung. Nur daraus kann notwendige Fehler- und Sicherheits-Kultur entstehen. Damit ist auch eine Kultur der Auseinandersetzung um Ziel-Fragen zu verbinden, zunächst um die Ziele von Optimierungen und ihre Einbindung in gesellschaftliche Vorgaben (s.a. VW-Skandal), letztlich auch um die Ziele der gesellschaftlichen Produktion, der Gesellschaft überhaupt.
Assistenzsysteme (s. http://www.autonomik40.de/APPsist.php) sollten die System-Analyse und –Verbesserung erleichtern, statt diese zu übernehmen und die menschlichen Aktionen anzuleiten. Soll z.B. die Datenbrille mit Einblendung der korrekten Verkabelung elektronischer Bauteile eine Unterstützung geben oder direkte Anweisungen? Welchen Teil der Systemanalyse übernimmt dann der Mensch, muss er übernehmen, um Funktionsfähigkeit und Optimierung, bis hin zu Innovation, zu gewährleisten? Wie ist das zu organisieren? (s. dazu: http://www.autonomik40.de/Zukunft%20der%20Arbeit%20in%20Industrie.php )